Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden

Interview zum Buch

Der öffentlich bestellte und vereidigte Auktionator für Maschinen und industrielle Anlagen, Cornelius Pleser, ist in der Veröffentlichung „Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden“ erstmalig als Autor vertreten. Rechtsanwalt Torsten Steinwachs veröffentlichte kürzlich gemeinsam mit seinen Mitherausgebern die dritte Auflage der Publikation „Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden“. Sie bündelt Fachexpertise zu diesem insolvenzrechtlichen Spezialgebiet. Das Buch beschränkt sich dabei allerdings nicht nur auf juristische Aspekte, sondern bezieht gezielt auch die Perspektiven von Finanzierern, Verwaltern, Versicherern und Verwertern mit ein. In einer ersten Besprechung der Publikation (ZinsO 45/2021, S. 2366, 2367) kommt Richter Frank Frind deshalb auch zu dem Fazit: „Ein Praxisbuch, dass jedes Gläubigerausschussmitglied in spe vor (!) der Amtsannahme gelesen haben sollte.“

In diesem Interview sprechen wir mit Cornelius Pleser sowie Autor und Mitherausgeber Torsten Steinwachs über die Rolle des Gläubigerausschusses und die versierte Verwertung im Rahmen einer Insolvenz oder Restrukturierung.

Herr Steinwachs, welche Intension steht hinter der Veröffentlichung Ihres Buches?

Steinwachs: Im Jahr 2011 kamen in einem Gläubigerausschuss, an dem ich beteiligt war, mehrere Fragen auf. Ich habe daraufhin eine Monografie zum Thema Gläubigerausschusstätigkeit gesucht und keine gefunden, weil es nämlich keine gab. Lediglich in den Kommentierungen des Insolvenzrechts wurden verstreut Themenbereiche angeschnitten, die die Tätigkeit eines Gläubigerausschussmitgliedes betreffen. Das war der Start für die Idee, ein eigenes Buch zum Thema Gläubigerausschuss und nunmehr auch zum Thema Gläubigerbeirat zu kreieren.

Worin sehen Sie die Bedeutung des Gläubigerausschusses in heutigen Sanierungsverfahren?

Steinwachs: Der Gläubigerausschuss hat eine große Bedeutung in der Überwachung und insbesondere in der Unterstützung der Sanierungsbeteiligten. Daher ist es wichtig, dass auch Externen der Zugang zum Gläubigerausschuss gewährleistet wird – was durch das SanInsFoG seit dem 01.01.2021 wieder zulässig ist. Nur so kann sichergestellt werden, dass neben den Gläubigervertretern auch Insolvenz-Know-how in die Tätigkeit des Gläubigerausschusses mit einfließt.

Was sind die zentralen Aufgaben des Gläubigerausschusses, welche Verpflichtungen und Risiken ergeben sich daraus?

Steinwachs: Zentrale Aufgabe des Gläubigerausschusses ist es, die Insolvenzverwaltung, respektive die Eigenverwaltung, zu überwachen und auch zu unterstützen. Dies erfolgt insbesondere durch eine regelmäßig durchgeführte Kassenprüfung. Hierbei sollte sich externer, qualifizierter Kassenprüfer bedient werden, da das einzelne Gläubigerausschussmitglied weder die Zeit noch in aller Regel das Know-how hat, um eine ordnungsgemäße Kassenprüfung durchzuführen. Die Risiken sind so lange überschaubar, wie die Mitglieder ihre Arbeit im Gläubigerausschuss ernst nehmen, eine ordnungsgemäße Kassenprüfung durchführen und einen adäquaten Versicherungsschutz einholen. Außerdem muss jedes Gläubigerausschussmitglied sämtliche Gläubigerinteressen vertreten – dessen müssen sich angehende Mitglieder gewahr sein, bevor sie eine solche Tätigkeit aufnehmen. Weiterhin unterliegt ein Gläubigerausschussmitglied einer absoluten Verschwiegenheitsverpflichtung. Der Verstoß hiergegen führt zu Schadenersatzverpflichtungen, respektive zum Ausschluss aus dem Gremium.

Inwieweit berührt auch die Verwertung von Vermögensgegenständen die Aufgaben des Gläubigerausschusses?

Steinwachs: Eine ordnungsgemäße Verwertung der Massegegenstände beziehungsweise der Gegenstände, auf denen Aussonderungs- und Absonderungsrechte liegen, ist die ureigenste Aufgabe der Insolvenzverwaltung. Der Gläubigerausschuss wiederum hat genauestens zu prüfen, ob diese Gegenstände auch nachhaltig verwertet und ordnungsgemäß abgerechnet werden. Hierbei kann auf die Erfahrungen der einzelnen Gläubigerausschussmitglieder in anderen Verfahren zurückgegriffen werden. Insoweit ist es opportun, auch externe Gläubigerausschussmitglieder, also nicht nur betroffene Gläubiger, mit in das Gremium einzubeziehen.

Herr Pleser, welchen Rat würden Sie als Auktionsexperte geben, wenn es um die Auswahl eines geeigneten Maschinengutachters und Verwerters in einem Insolvenzverfahren geht?

Pleser: Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sollten sich einen Dienstleister heute sehr genau anschauen, denn das Verwertungsgeschäft hat sich in den letzten Jahren immer weiter Richtung Online-Auktionen verschoben. Im Gegensatz zu Präsenzauktionen besteht hierbei allerdings keine Erlaubnispflicht nach der Gewerbeordnung. Der entscheidende Unterschied der Auktionsart ist in der Rechtsfolge zu sehen: Die Online-Auktion ist ein reiner Verkauf nach den Vorschriften des BGB mit all seinen Rechtsfolgen. Daher sollten zwecks Ausschlusses der Gewährleistung nur gewerbliche Kunden zugelassen werden. Dies regelt bei Präsenzauktionen die Versteigerungsverordnung. Sie gibt die Abläufe, Verbote und Pflichten im Rahmen einer Präsenzauktion sowie ihre Vorbereitung und die öffentliche Bestellung des Auktionators vor. Gerade die öffentliche Bestellung des Versteigerers ist ein Zeichen seiner besonderen Sachkunde und Berufserfahrung. Eine vergleichbare fundierte Qualitätsabgrenzung entfällt bei den Online-Auktionen. Daher sollten Auftraggeber besonders kritisch auf Renommee und Erfahrung eines Auktionators achten.

Welche Herausforderungen und Fallstricke können Ihnen als Experte die Aufnahme und Werteinschätzung des Sicherungsgutes in einem Verfahren erschweren?

Pleser: Wir treffen bei unserer Arbeit gelegentlich auf ungünstige Rahmenbedingungen. Das können fehlende Unterlagen sein, unzureichende Unterstützung durch das Unternehmen, keine Erreichbarkeit der Ansprechpartnerinnen sowie Ansprechpartner und Ähnliches. Gekoppelt mit der kurzen Abgabefrist für die Gutachten, kann dies zu einer echten Herausforderung werden. Stimmen die Voraussetzungen hingegen, steht einer schellen Lösung für alle Beteiligten kaum etwas im Wege.

Wie gehen Sie vor, wenn eine umgehende Sicherstellung der Objekte im Rahmen einer Insolvenz erforderlich wird?

Pleser: Wie bei Immobilien die Lage, ist in unserem Bereich das Sichern der Werte das oberste Gebot. Schon bevor die eigentliche Verwertung beginnt, müssen mit dem Auftraggeber die Besonderheiten des Falls gerade im Hinblick auf die Sicherung des Vermögens besprochen werden. Sollten Sicherungsmaßnahmen notwendig sein, kommen hier beispielsweise Zugangsbeschränkungen, der Austausch von Schließanlagen oder die Verbringung an einen anderen Ort in Betracht.

Worauf ist bei der Abrechnung, Objektübergabe und dem Schlussbericht eines Verwertungspartners besonders zu achten?

Pleser: Grundsätzlich kommt im Rahmen einer Auktion der Kaufvertrag zwischen dem Einlieferer, etwa dem Insolvenzverwalter, und dem Ersteigerer über den Auktionator zusammen. Mithin benötigt der Einlieferer im Rahmen der Abrechnung Kopien sämtlicher Kundenrechnungen, Lieferscheine sowie die notwendigen Papiere bei ausländischen Kunden. Für die Objektübergabe ist es wichtig, dass dieses auch im vereinbarten Zustand ausgehändigt wird. Der Schlussbericht erfordert ebenfalls eine hohe Aufmerksamkeit und kritische Prüfung. Denn: Das Papier muss neben dem Versteigerungsergebnis auch mögliche Restanten und deren abschließende, weitere Behandlung umfassen.

Möchten Sie tiefer in die Materie des Gläubigerausschusses oder der Verwertung bei einer Restrukturierung oder Insolvenz eindringen? Dann werfen Sie gern einen Blick in die Publikation „Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden“ (Steinwachs/Vallender/Cranshaw (Hrsg.), 3. Auflage 2021, 603 S., 95 Euro, Finanz Colloquium)

Bei individuellen Fragen zur Verwertung von Maschinen und Anlagen können Sie sich jederzeit auch an Experte Cornelius Pleser wenden.

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